Treffen am Gnadenbild

Selbst einen Bericht in der „Tagesschau“ war die Wallfahrt der Tamilen zur Gnadenkapelle und zur „Trösterin der Betrübten, der Consolatrix Afflictorum“, wert.
Dort wurde beschrieben, dass die Wallfahrt von ehemaligen Bürgerkriegsflüchtlingen aus Sri Lanka, die in Deutschland und anderen Ländern eine neue Heimat gefunden haben, seit 1988 durchgeführt würde. Die Tamilen, die in der Hauptsache Hindus, aber auch Katholiken seien, würden gemeinsam an der Marien-Verehrung teilnehmen, um für Frieden und Versöhnung in ihrer Heimat zu beten.
Thuraisingham Camillus, der 1984 aus Sri Lanka in die Bundesrepublik flüchtete, organisiert die größte Wallfahrt nach Kevelaer. Rund 10.000 Tamilen reisen dazu jedes Jahr aus Deutschland, Finnland, Niederlanden, Italien, Belgien, Dänemark, Frankreich, England und der Schweiz an. Camillus hob hervor, dass die 60.000 Tamilien, die heute in Deutschland leben, auch als Flüchtlinge gekommen seien und sich voll integriert hätten.
Familie Mariyathas mit Rosama (66 Jahre), Anton (41), Rina (34), Bettina (14) und Devina (10) aus Münster pilgert seit 17 Jahren in die Marienstadt. Das Kevelaerer Blatt durfte sie bei ihrer ganz persönlichen Wallfahrt begleiten. Mutter Rosama war mit ihrem Sohn Anton, als er 14 Jahre alt war, zwei weiteren Söhnen und ihrer Tochter geflüchtet. Sie sah das Leben ihrer Familie im Bürgerkriegland bedroht und wollte dort leben, wo Frieden und Lebensraum war. Ihr Glaube, die Fürsprache und der Schutz der Gottesmutter Maria waren und sind ihr sehr wichtig.
In langen und innigen Gebeten in der Gnadenkapelle, der Kerzenkapelle und der Basilika bat sie mit ihrer Familie zusammen dafür, dass sie den richtigen Weg im Leben finden. Gesundheit, Erfolg bei der schulischen Ausbildung der Kinder und ein Arbeitsplatz, mit dem die Familie ernährt werden kann, wurden als Bitte der Gottesmutter zu Füßen gelegt. Um den Segen und die schützende Hand Marias mit in den Alltag zu nehmen, wurden mit den mitgebrachten Rosenkränzen das Fenster des Gnadenbildes, Marienfiguren und das Jesusbild hinter dem Hochaltar berührt und Rosama bekreuzigte die Mitglieder ihrer Familie.
Auch zuhause in Münster sind die Mariyathas mit der Consola­trix Afflictorum eng verbunden. In ihrer Wohnung hängt eine Nachbildung des kleinen Bildchens, das in der Gnadenkapelle seinen Platz hat. Jeden Abend wird gemeinsam mit der ganzen Familie gebetet, für den Schutz gedankt und um Kraft für den nächsten Tag gebeten. Auch für Bettina und Devina war die Wallfahrt nach Kevelaer etwas Besonderes, denn Devina konnte ihr Gebetsanliegen in der Basilika in das Buch neben dem Altar einschreiben und für Bettina war der besondere Ablauf der Messe und die Beteiligung des Chores der tamilischen Gemeinde der Liebfrauenkirche St. Marien aus Berlin ein beeindruckendes Erlebnis. Auch wenn sie momentan eher mit der Familie mitfährt, um ihren Eltern einen Gefallen zu tun, kann sie sich sehr gut vorstellen, die Tradition der Wallfahrt auch später aufrecht zu erhalten.
Das Rahmenprogramm der Veranstaltung war traditionell vom Markt der Möglichkeiten hinter der Basilika geprägt. Neben einem Radio- und Fernsehsender, der tamilische Programme anbot, wurden an vielen Ständen Saris und Stoffe, die in allen Farben glänzten, verkauft, landestypische Speisen angerichtet und Lebensmittel angepriesen.
Rund um die Gnadenkapelle konnten die Kerzenhändler gar nicht so schnell die Auslagen nachfüllen. Selbst die zusätzlich aufgestellten Kerzenständer waren in kürzester Zeit aufgefüllt mit Kerzen, die mit ihrem Licht ein Glaubenszeichen ausstrahlten. Auch die Kevelaerer Gastronomie hatte sich etwas einfallen lassen, um die tamilischen Gäste anzusprechen. An einigen Gaststätten und Cafés standen Schilder mit Angeboten auf singhalesisch, der Landessprache auf Sri Lanka.
Höhepunkt, neben dem Besuch der Gnadenkapelle, war für viele der tamilischen Pilger der Gottesdienst mit Noel Emmanuel. Der Bischof aus Sri Lanka zelebrierte die Messe im Forum der Pax Christi-Kapelle. Tamilische Messdiener, Erstkommunionkinder, Fahnenträger aus vielen europäischen Ländern, Mitglieder der tamilischen Gemeinden sowie zahlreiche tamilische Geistliche und Anja Funke (Beauftragte für Ausländerseelsorge im Bistum Essen) zogen zusammen mit Bischof Emmanuel und Pastor Rolf Lohmann in einer feierlichen Prozession und unter rhythmischen Klängen ein und man fühlte sich in Gedanken in den Inselstaat im indischen Ozean versetzt. Dies wurde auch in der Übergabe eines Blütenkranzes, der dem Bischof umgehängt wurde, und der symbolischen Reichung von Bananen, die ihm gegen die Nase gedrückt wurden, auf exotische Weise deutlich.
Dass die Gottesmutter, die Trösterin der Betrübten, nicht nur Menschen in friedlicher Atmosphäre zusammenführt, sondern Kraft für den Alltag gibt und die Bereitschaft zur Versöhnung weckt, wurde in der „Tagesschau“ in einem Satz zusammengefasst: „So sendet das kleine Kevelaer eine große Botschaft in die Welt.“ (jvdh)